Grüne sprechen von „Farce“

Ex-AfD-Bezirksrätin Andrea Klingen gründet mit AfD-Bezirksrat Ausschussgemeinschaft

Im März war Andrea Klingen aus der AfD ausgetreten, ist aber Bezirksrätin geblieben. Jetzt geht sie mit AfD-Mann Alfred Schmitt zusammen – und erntet Kritik von Grünen und CSU.

In der bayerischen AfD kracht es seit Jahren. Einen Höhepunkt erreichten die Auseinandersetzungen mit dem Parteiaustritt des damaligen Fraktionsvorsitzenden Christian Klingen. Auch seine Frau, die Bezirksrätin Andrea Klingen hat im März dieses Jahres die Partei verlassen. Sie führt ihr Mandat aber als parteilose Bezirksrätin weiter. Um weiterhin Mitglied in den Ausschüssen bleiben zu können, hat sie nun eine Ausschussgemeinschaft mit dem zweiten AfD-Abgeordneten Alfred Schmitt gebildet. In der jüngsten Sitzung des Bezirkstags gab es daran deutliche Kritik. Für die Grünen-Fraktion ist dieses Manöver kaum mehr als eine „Farce“. „Alles bleibt beim Alten, nur unter einem neuen Label“, meinte Bezirksrat Gerhard Müller.

Müller vermisste eine schlüssige Begründung für das Zusammengehen. Der Verfassungsschutz habe die gesamte Partei als „rechtsextremistischen Verdachtsfall“ eingestuft. Von Christian Klingen sei bekannt, dass er – obwohl selber anfangs Teil des Rechtsaußen-Flügels – seinen Austritt auch mit dem Rechtsruck der Partei begründet hatte. Und jetzt wolle Andrea Klingen ausgerechnet mit den Leuten, mit denen sie nichts mehr zu tun haben wollte, eine Ausschussgemeinschaft bilden, so Müller.

Insofern sei anzuzweifeln, dass es sich tatsächlich um zwei unterschiedliche Gruppierungen handle. Eine solche Ausschussgemeinschaft könne nicht im Sinne des Bezirks sein. Dies sei auch der Unterschied zur bestehenden Ausschussgemeinschaft, die die beiden Einzelmandatsträger von FDP und Linke bereits zu Beginn der Legislaturperiode gebildet hatten.

Zu ihrem Parteiaustritt schweigt Andrea Klingen bislang

Die Verwaltungswirtin Andrea Klingen war bisher Mitglied im Sozial- sowie im Planungs- und Koordinierungsausschuss sowie Vertreterin im Bayerischen Bezirketag, Alfred Schmitt im Bezirksausschuss, dem Personalausschuss, Bau- und Umweltausschuss und Kulturausschuss. Für Ausschusssitzungen sind 51 Euro Sitzungsgeld, Reisekosten und unter Umständen eine Erstattung des Verdienstausfalls vorgesehen. Von Klingen liegt bisher keine Äußerung zu ihrem Parteiaustritt vor. Auch im Bezirkstag zog sie es vor zu schweigen.

Der einzige verbliebene AfD-Bezirksrat Alfred Schmitt begründete die Entscheidung für eine Ausschussgemeinschaft damit, dass hier die Kommunalpolitik im Vordergrund stehe. Mit Klingen verstehe er sich „recht gut“. Beide hätten zu kommunalpolitischen Themen meist die gleichen Ansichten. Zu keiner Zeit habe er sich im Bezirkstag extremistisch betätigt. Als ehemaliger Zeitsoldat, der im Jugoslawien-Krieg im Einsatz war, habe er zudem einen Eid auf die Verfassung der Bundesrepublik geschworen. Im Bezirkstag hervorgetreten ist er bisher vor allem mit einem Antrag gegen gegenderte Sprache in Dokumenten des Bezirkstags und einem Antrag, die schwarz-rot-goldene Fahne im Sitzungssaal aufzuhängen.

Bezirkstag stimmte Ausschussgemeinschaft bei sechs Gegenstimmen zu

Der Bezirkstag hat der Ausschussgemeinschaft zugestimmt. Entscheidend waren rechtliche Fragen. Der Leiter der Bezirksverwaltung, Gernot Janke, räumte zwar ein, dass es rechtliche Unklarheiten gibt, und bezog sich auf eine Empfehlung, auch parteilose, frühere Ausschussmitglieder zu den Sitzungen einzuladen. Bei einem Rechtsstreit bestehe ansonsten die Gefahr, dass die gefassten Beschlüsse ungültig sind. Ausschussgemeinschaften von Einzelpersonen und kleinen Gruppen, die auf Grund ihrer eigenen Stärke keine Vertretung in den Ausschüssen erreichen würden, seien in der Geschäftsordnung ausdrücklich vorgesehen. Im unterfränkischen Bezirkstag sei man damit, so Janke, stets „großzügig“ und ohne den „politischen Background“ zu betrachten umgegangen.

Eine der sechs Gegenstimmen kam von CSU-Bezirksrat Werner Elsässer. Er kritisierte die Haltung Schmitts. Die Kommunalpolitik lasse sich nicht isoliert von der Bundespolitik betrachten. Er habe sich unter dem Namen einer umstrittenen Partei wählen lassen und habe daher auch dazu zu stehen: „So einfach können sie es sich nicht machen.“

Autor Christian Ammon am 29.06.2022 in der MAINPOST

(Vollständiger Artikel aus der Online-Ausgabe, zuletzt korrigiert am 01.07.2022)