Sehr geehrte Frau Regierungspräsidentin,
sehr geehrter Herr Bezirkstagspräsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
um es gleich vorweg zu nehmen: unsere Fraktion stimmt dem HH zu.
Wir danken dem Kämmerer Herrn Zankl und seinem Team für die Zusammenstellung des umfangreichen Zahlenwerkes. Gleiches gilt für den Leiter Krankenhaus und Heime Herrn Oswald und seiner Mannschaft für die Erstellung der Wirtschaftspläne. In diesen schwierigen und finanziell höchst angespannten Zeiten sind das sicher keine freudigen Aufgaben.
Da kam doch der Geldsegen aus München gerade zur rechten Zeit, der uns alle mal kurz durchschnaufen lässt. Besonders freut uns, dass er maßgeblich durch die konzertierte Aktion aller kommunalen Spitzenverbände zustande kam, die sich darin einig waren, dass zusätzliches Geld an die Bezirke gehen muss, um z.T. drastische Umlageerhöhungen zu vermeiden.
Der Wermutstropfen dabei ist, dass wir Bezirke von diesem Geldsegen nicht viel haben werden, da er 1:1 an die Landkreise und kreisfreien Städte durchgereicht werden muss. Das war der Deal. 36 Mio € mehr versetzen uns in die Lage, die Bezirksumlage vom ersten Schätzwert – sie wird ja nicht abgesenkt, sondern trotzdem erhöht! – um 1,72% Punkte abzusenken und die Umlagezahler zu entlasten, genau zum richtigen Zeitpunkt: kurz vor Weihnachten, vor der anstehenden Kommunalwahl in Bayern und natürlich auch vor der Verabschiedung der bayerischen kommunalen Haushalte.
So willkommen dieser Geldsegen auch ist, er reicht leider bei weitem nicht aus, um die rasant steigenden Sozialausgaben zu decken. Die FAG-Mittel machen trotz der Steigerung gerade mal 26 % des SozialHH aus und zeigen deutlich das strukturelle Dilemma der Bezirke auf. Es ist ja nicht so, dass wir Bezirke die Sozialausgaben steuern könnten und die Gesetze dazu selbst machten. Wir sind ja gewissermaßen nur die Umverteilstation und Bescheide-Ersteller von gesetzlichen Leistungsansprüchen.
Die Gesetze dazu machen Bund und Land, leider meist ohne für auskömmliche Finanzierung zu sorgen. Wie war das noch mit dem Konnexitätsprinzip? Wer anschafft, der zahlt. Warum klagen wir dieses Prinzip eigentlich nicht ein von Bund und Land?
Uns ist allen klar, dass es so nicht weiter gehen kann. Die Kommunen stehen mit dem Rücken zur Wand und brauchen dringend Geld für ihre maroden Infrastrukturen. Und wir sind uns auch alle einig, dass es Reformen braucht und zwar auf allen Ebenen. Aber sind wir uns auch darüber einig, was wir eigentlich mit Reformen meinen? Geht es da um Kürzungen der Leistungen, geht es um Gesetzesänderungen bei Bund und Land? Oder geht es um strukturelle Reformen, die sich ernsthaft mit den Sozial- und Finanzsystemen auseinandersetzen, ja auch mit den Finanzsystemen.
Von allem etwas, würden Sie jetzt antworten. Viele bleiben allerdings schon bei den Kürzungen von Leistungen hängen, denn Gesetzesänderungen sind langwierig und unbequem und eine strukturelle Reform erfordert eine grundsätzliche Infragestellung der bestehenden Systeme. Wer traut sich da schon dran? Wie schwierig das ist, haben wir gerade beim Rentenpaket erlebt, das vermutlich eher zu noch höheren Ausgaben führen wird.
Wussten sie eigentlich, dass 62% aller Sozialausgaben des Bundes in Rente und Gesundheit gehen? Die Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe nach SGB IX, die uns über das BTHG betrifft, macht mit 35 Mrd € gerade mal 6,5 % und das vielgescholtene Bürgergeld sogar nur 4,1% aus. Nur um die Dimensionen mal klar zu ziehen. Der drängendste Reformbedarf liegt klar bei Rente und Gesundheit.
Wir reden gerne immer viel vom Sozialstaat und ob wir uns den noch leisten können, gleichzeitig leistet sich dieser Staat erstaunlicherweise einen Verlust von sage und schreibe 80-100 Milliarden € durch Steuerhinterziehung – jedes Jahr. Natürlich muss der Sozialmissbrauch geahndet und Schieflagen bereinigt werden, das stellt niemand in Frage, aber warum wird nicht mit der gleichen Intensität Steuerhinterziehung verfolgt?
Das schöne Weihnachtsgeschenk von einmalig 36 Mio€ tut uns allen gut, keine Frage und wir freuen uns darüber. Dennoch kann auch diese Gabe nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bezirke nach wie vor am Tropf der Gutwilligkeit des Ministerpräsidenten und seines Finanzministers hängen. Auch hier stimmt das Finanzsystem einfach nicht und ist ungerecht. Wir Bezirke brauchen einen gerechten, dauerhaften kommunalen Finanzausgleich und der wird nur funktionieren, wenn wir wie alle anderen Kommunalen Ebenen auch in den quotalen Steuerverbund mitaufgenommen werden. Diese Finanzreform fordern ja nicht nur wir Grüne seit Jahren, sondern gleichermaßen auch der Bayerische Bezirketag. Wir sind da also durchaus in guter Gesellschaft.
95% oder sogar mehr unseres Haushaltes werden durch den SozialHH bestimmt. Hier sind wir im Wesentlichen Vollstrecker von Bundes- und Landesgesetzen. Wir haben kaum eigene Gestaltungsmöglichkeiten, obwohl die Bedarfe riesig wären. Nahezu alle ambulanten Strukturen, wie die Suchtberatungen, die SPDis, die OBAs fallen unter die freiwilligen Leistungen und müssten dringend gesetzlich als Pflichtaufgaben verankert werden, um deren Existenz abzusichern. Das wäre doch mal eine sinnvolle Reform, oder? Wir wissen, dass diese wichtigen Dienste seit Jahren chronisch unterfinanziert sind und dringend mehr Geld bräuchten. Nicht auszudenken, was passiert, wenn sie aufgeben müssten. Sind das nicht auch wichtige niederschwellige Infrastrukturen für die Menschen vor Ort? Was passiert, wenn den Menschen hier ambulant nicht mehr geholfen werden kann und die Probleme dann verschlimmert in unseren Kliniken auftauchen?
Stimmen hier die Systeme noch? Wer soll die ambulanten Strukturen künftig finanzieren? Wir Bezirke können und dürfen nicht, da es freiwillige Leistung sind. Gleichzeitig erklärte die bayerische Gesundheitsministerin kürzlich in der Presse, die Finanzierung der SPDis sei reine Sache der Bezirke. Ja, wie jetzt? Wenn wir die
Zuständigkeit haben, dann müssen wir sie auch finanzieren können.
Grundsätzlich müssen wir auch darüber nachdenken, ob unsere bisherigen Systeme noch zeitgemäß sind und ob nicht ein grundsätzliches Umdenken stattfinden muss? Nirgends zeigt sich das deutlicher als im Gesundheitswesen. Wir haben eine der teuersten und zugleich ineffektivsten Gesundheitsversorgungen.
Die überfällige Krankenhausreform sollte einen Weg aus dieser Kostenfalle aufzeigen.
Aber wenn wir den Bericht zu den Wirtschaftsplänen unserer Krankenhäuser lesen, kann einem angst und bange werden. Die Beschreibung der aktuellen Lage gleicht einer Aneinanderreihung lauter schlechter Nachrichten. Man gewinnt nicht unbedingt den Eindruck, dass hier vorausschauende Planung und koordiniertes Vorgehen das Handeln der Verantwortlichen bestimmen.
Da werden nach Jahrzehnten endlich neue personelle Vorgaben gemacht, die aber weder praktikabel noch umsetzbar sind, doch bei Nichteinhaltung scharf sanktioniert werden. Das bedeutet für unsere Häuser noch mehr bürokratischen Aufwand und Verluste in Millionenhöhe.
Die bisher noch nicht endgültig beschlossene Gesundheitsreform lässt die somatischen Kliniken, von denen wir auch drei Häuser haben, im Ungewissen, eine echte Vorbereitung ist nicht möglich. Von einer bedarfsorientierten und systemrelevanten Planung der Krankenhauslandschaft in Bayern kann keine Rede
sein und leistet dem kalten Strukturwandel, sprich der ungeordneten Schließung von insolventen Häusern vor allem im ländlichen Bereich allen Vorschub.
Notwendige Investitionen zur baulichen Erneuerung werden nur zu 50-60% vom Freistaat refinanziert – trotz Zuständigkeit, den Rest müssen die Einrichtungen bzw. Träger selber zahlen. Das können viele nicht mehr leisten.
Da werden bei den Forensiken über Nacht Budgetverhandlungen abgeschafft und durch Budgetzuweisungen ersetzt. Übersetzt heißt das 40 Millionen € weniger für die Bayerischen Forensiken. Sondertatbestände finden keine Berücksichtigung mehr.
Wer soll da noch durchblicken?
Man kann da wirklich nur noch den Hut ziehen vor den Mitarbeitenden, die mit all diesen verwirrenden Konstellationen jeden Tag zur Arbeit gehen und ihre Aufgaben erledigen. Dafür gebührt allen unser größter Dank und Respekt.
Bisher haben fast alle unsere Krankenhäuser schwarze Zahlen geschrieben, bisher konnten notwendige Investitionen von den Rücklagen der Häuser finanziert werden. Bisher wurde der Umlagezahler nicht belastet durch Defizite. Bisher…
Doch jetzt kündigt sich eine Trendwende an. Alle Häuser bis auf Werneck planen mit roten Zahlen, die Rücklagen werden zusehends abgeschmolzen und notwendige Investitionen stehen zunehmend in Frage. Keine guten Aussichten. Das wird uns noch viel Kopfzerbrechen bescheren.
Um nicht vollends in die Depression zu verfallen, gibt es tatsächlich auch noch positive Nachrichten zu nennen:
Wir profitieren von einer erstaunlich guten Umlagekraftsteigerung von 8,6% weit über dem bayerischen Durchschnitt von 4,6%. Das spült uns 33 Millionen € zusätzlich in die Kasse.
Mit 20,69% Punkten haben wir die niedrigste Umlage aller Bezirke und stehen damit fest an der Seite der kommunalen Familie. Es sollen gute Nachrichten sein!
Erfreulich ist, dass wir als Bezirk Unterfranken bayernweit weiterhin führend in der Pflege der europäischen Partnerschaften bleiben und jetzt auch die Förderrichtlinien stark vereinfacht und deutlich attraktiver gestaltet haben.
Wir schreiben im Jugendbeirat an einem tollen neuen Jugendprogramm.
Das Freilandmuseum Fladungen hat einen stabilen Haushalt und entwickelt sich nach dem Führungswechsel erfreulich, auch weil nach langer Suche eine neue Gastwirtin aus der Region gefunden wurde.
Angesichts der Bedrohungen von Demokratie und Vielfalt lebt der unterfränkische Bezirkstag vom guten partnerschaftlichen Miteinander. Wir danken dem Präsidenten und dem ganzen Gremium für die gute Zusammenarbeit!
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen und ihren Familien frohe Weihnachten und erholsame Feiertage. Kommen Sie gut ins nächste Jahr und bleiben sie gesund.